Nutzen Sie auch SharePoint für Ihre Dateiablage in (oder sagen wir: hinter) Microsoft Teams? Das funktioniert ganz gut. Und zwra so lange, bis plötzlich zu viele Teams entstehen mit zu vielen Sites und viel zu vielen Freigaben. Genau hier beginnt das, was Fachleute „Sprawl“ nennen: Strukturen wachsen unkontrolliert, Berechtigungen werden unübersichtlich, sensible Dokumente kursieren an Orten, an denen sie nichts verloren haben. Mit Copilot und der Microsoft-Suche wird das zum Brennglas: Was irgendwo offen liegt, wird leichter gefunden – mit allen Risiken für Vertraulichkeit und Compliance.
Was ist eigentlich „Sprawl“?
Sprawl bedeutet: zu viele Arbeitsräume (Teams/Sites), zu viele Ordner, zu viele Personen mit zu vielen Rechten – ohne Plan fürs Aufräumen. Typische Ursachen:
- Alle dürfen neue Teams und neue Sites anlegen.
- Gastzugänge werden schnell erteilt, selten wieder entzogen.
- „Mal eben“ Vollzugriff geben, statt präzise Rollen zu nutzen.
- Kein Lebenszyklus: Nichts wird archiviert oder gelöscht.
Warum verschärfen Copilot und die Suche das Problem?
Copilot und die Microsoft-Suche respektieren Berechtigungen – sie „erfinden“ keine Zugriffe. Aber: Was irgendwo freigegeben wurde, taucht plötzlich im Kontext von Suche oder KI-Vorschlägen auf. Inhalte, die intern „vergessen“ waren, werden wieder sichtbar.
Der perfekte Anlass also, um die Basis wiedermal aufzuräumen. Ein Aufruf, sauber zu machen.
Symptome, die Sie ernst nehmen sollten
Wann merken Sie, dass der Wildwuchs zurückgeschnitten werden sollte: Wenn Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen,
- weil Mitarbeitende „zu viel“ finden – oder das Falsche zuerst.
- weil die Verantwortlichkeiten unklar werden: „Wer ist eigentlich Site-Owner?“
- wenn die Ladezeiten lang, die Bibliotheken gigangtisch und die Strukturen kryptisch werden.
- wenn externe Gäste ohne klares Ablaufdatum berechtigt werden.
- wenn niemand so recht weiß, ob ein Team noch gebraucht wird.
Zucken Sie dann nicht resigniert mit den Schultern, sondern: Räumen Sie auf!
Sofortmaßnahmen, die sie schnell umsetzen können
- Site-Owner benennen & sichtbar machen. Jede Team-Site braucht 2 Owner.
- Gästeliste prüfen. In Teams → Mitglieder verwalten → „Gäste“: raus, was nicht mehr gebraucht wird.
- Freigaben einschränken. Organisationseinstellungen für externes Teilen auf „nur mit Einladung“ reduzieren.
- „Jeder außer extern“ vermeiden. Stattdessen Gruppen/Teams gezielt verwenden.
- Startpunkte festlegen. Eine Handvoll „Gold-Sites“ definieren, die Copilot/Suche bevorzugt durchsuchen darf (z. B. Unternehmenshandbuch, Vorlagen, Projekt-Hubs).
Ein einfacher 90-Tage-Plan für KMUs
Tage 1–30: Ordnung schaffen
Inventur: Liste aller aktiven Teams/Sites mit Ownern, Zweck, Externen.
Kategorien: „Vertraulich“, „Intern“, „Öffentlich im Unternehmen“ – drei reichen am Anfang.
Namensregeln: PRJ-2025-Kunde-Thema, TEAM-Abteilung, COMM-Company-News…
Freigabe-Leitplanken: Externe nur per Einladung, Gastzugänge mit Ablaufdatum, Download für Gäste standardmäßig aus.
Tage 31–60: Rechte sauber ziehen
Rollenmodell: Owner (Verantwortung), Member (Bearbeitung), Besucher (Lesen). Keine Einzelrechte in Ordnern, möglichst auf Site-Ebene arbeiten.
Gruppen nutzen: Sicherheitsgruppen/Microsoft 365-Gruppen statt Einzelpersonen.
Aufräumtage: Alte Teams/Sites archivieren oder löschen; Inhalte in „Archiv-Sites“ mit nur-Lesen-Zugriff verschieben.
Tage 61–90: Absichern & sanft öffnen
Klassifizieren: Vertrauliche Bibliotheken/Ordner labeln; Vorlagen mit Labels hinterlegen.
Suchumfang steuern: Copilot/Microsoft Search zunächst auf geprüfte „Gold-Sites“ beschränken, Reichweite später erweitern.
Kontrollen etablieren: Quartalsweise Berechtigungs-Reviews durch die Owner, einfache Checkliste (siehe unten).
Minimal-Governance, die wirklich funktioniert
- Provisioning-Formular: Wer eine neue Site will, beantwortet 5 Fragen (Zweck, Besitzer, Klassifizierung, Externe ja/nein, Lebensdauer).
- Lebenszyklus: Jede Site bekommt ein Ablaufdatum (z. B. 12 Monate). Owner entscheiden dann „verlängern, archivieren, löschen“.
- Vorlagen: Einheitliche Site-Vorlagen mit fertigen Bibliotheken, Ordnern und Rechten (z. B. Projekt, Abteilung, Kommunikation).
- Owner-Pflichten: Gäste prüfen, Rechte minimal halten, Quartals-Check durchführen, Inhalte beschriften.
Checkliste für den Quartals-Check (15 Minuten)
- Sind beide Owner noch korrekt?
- Brauchen alle Members noch Bearbeitung?
- Gibt es Gäste ohne aktuellen Vertrag/Zweck?
- Liegen sensible Dateien in allgemeinen Bereichen?
- Ist das Team/Site noch aktiv – oder kann archiviert werden?
Häufige Missverständnisse
„Copilot macht Daten unsicherer.“ Falsch. Copilot zeigt nur, wozu ohnehin Zugriff besteht – und deckt damit unsaubere Berechtigungen auf.
„Wir brauchen erst teure Tools.“ Nicht zwingend. Mit Bordmitteln kommen KMUs sehr weit, wenn Prozesse klar sind.
„Einzelrechte sparen Zeit.“ Kurzfristig ja, langfristig Chaos. Gruppen-basiert ist nachhaltiger.
Praktische Tipps für den Alltag
- Favoriten pflegen: Mitarbeiter:innen zeigen, wie sie „Gold-Sites“ anpinnen.
- Suche trainieren: Dateinamen mit Projektschlüssel und Datum (PRJ-Kunde-2025-Angebot-v1.docx).
- Vorlagen zentralisieren: Angebots-, Vertrags- und HR-Vorlagen an einem Ort mit Leserechten für alle, Bearbeitung nur für Verantwortliche.
- „Sensible Ecken“: Personal, Finanzen, Geschäftsführung – grundsätzlich nicht breit teilen; separate, geschützte Sites nutzen.
So messen Sie den Fortschritt
- Weniger Sites pro Kopf (nach Archivierung).
- Weniger Gäste und kürzere Gast-Lebensdauer.
- Weniger individuelle Freigaben innerhalb von Bibliotheken.
- Mehr Trefferqualität in der Suche (Feedback der Nutzer:innen).
Fazit
SharePoint wird mit Copilot & Microsoft Search mächtiger – und damit gnadenlos ehrlich. Was gut organisiert ist, wird schneller gefunden; was schlecht organisiert ist, wird sichtbar. KMUs brauchen dafür keine Konzern-Bürokratie, sondern klare, leichte Regeln: Verantwortliche benennen, externe Freigaben zähmen, Sites nach Plan erstellen, regelmäßig aufräumen. Mit einem fokussierten 90-Tage-Plan schaffen Sie Ordnung – und legen den Grundstein dafür, dass Copilot Mehrwert liefert, statt Bauchschmerzen.